Straffälligenhilfe in Zeiten von Krisen:

Finanzen - Personalmangel – Verunsicherung

Mittwoch, 18. Oktober 2023

 

Corona, Krieg in Europa, Erderwärmung: Jeden Tag werden wir mit Nachrichten zu bedrohlichen Krisen konfrontiert. Auch die Folgen betreffen jede und jeden: Steigende Preise für Energie und Lebensmittel, Kürzungen von staatlichen Leistungen, Zukunftsängste und –sorgen. Dazu kommen die Auswirkungen des demographischen Wandels: Stellen auch im sozialen Bereich können nicht mehr besetzt werden, wichtige Aufgaben können nicht mehr erfüllt werden. Und als wäre das alles nicht schon genug, breiten sich durch die allgemeine Verunsicherung auch noch extremistischer Populismus und vielfältige Verschwörungsmythen aus.

Die Träger der freien Straffälligenhilfe müssen sich darauf einstellen, ihre Finanzierungs- und Beschäftigungsmodelle zu überdenken. Durch den Rückgang von Geldbußenzuweisungen, stagnierende öffentliche Förderungen und steigende Personal- und Energiekosten können manche Aufgaben zukünftig vielleicht nicht mehr im bisherigen Umfang erfüllt werden.

 

Was diese bedrohlich wirkende Zusammenballung für unsere Arbeit als Leitende oder Mitarbeitende in der sozialen Arbeit mit Straffälligen bedeutet, war in Vorträgen und Diskussionsrunden Gegenstand dieses Fachtages.

 

Impulse

Ist die Kasse halbleer oder halbvoll? - Die Finanzierung der freien Straffälligenhilfe in den Bundesländern

Daniel Wolter, DBH – Fachverband für Soziale Arbeit, Strafrecht und Kriminalpolitik e.V.

Wir stellen ein! - Fachkräftemangel im Sozialen Bereich

Matteo Barutzki, Der Paritätische Hessen e.V.

Ist das zu glauben? - Fake News im sozialen Arbeitsalltag

Dr. Katharina Bock, Diakonie Deutschland e.V.

 

Diskussionen

  • Wie sicher ist die Finanzierung in unserem Verein? Auf welche Veränderungen müssen wir uns einstellen und wie kann das gelingen?
  • Welche Auswirkungen haben unbesetzte Stellen, häufige Wechsel und Vertretungssituationen auf unsere Arbeit und unsere Motivation?
  • Wie gehen wir mit Falschinformationen, Halbwissen und Verschwörungserzählungen in unserer Arbeit um?

 

 

Armut - Kriminalität – Unterstützungsangebote

Montag, 18. Juli 2022

 

 

 

Die Klient*innen der Straffälligenhilfe sind in aller Regel arm in dem Sinne, dass sie über wenig Geld verfügen können und oftmals von Transferleistungen abhängig sind. Der Zusammenhang von Armut und Kriminalität hat viele Facetten und kann von verschiedenen Seiten beleuchtet werden. Führt arm sein dazu, gegen die Strafgesetze zu verstoßen? Werden arme Menschen diskriminiert und kriminali-siert? Werden arme Menschen von den Gerichten anders behandelt als wohlhabende bis hin zu stren-gerer Bestrafung?
Die Verurteilung zu einer Geldstrafe ist mit großem Abstand die häufigste Sanktion, die in Deutschland verhängt wird. Ca. 80 % aller Strafen sind Geldstrafen. Obwohl das 1975 in Deutschland eingeführte Tagessatzsystem die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit des oder der Verurteilten berücksichtigen soll, liegt es auf der Hand, dass armen Menschen die Begleichung einer Geldstrafe schwerer fällt. Sie sind daher eher von der Vollstreckung einer Ersatzfreiheitsstrafe bedroht, wodurch die eigentlich verhängte Strafe deutlich verschärft wird. Unsere Referentin hat in ihrer wissenschaftlichen Forschung gezeigt, dass diese Art der ersatzweisen Vollstreckung von Geldstrafen vor allem sozial Benachteiligte trifft.

Frau Dr. Nicole Bögelein,wissenschaftliche Mitarbeiterin am Institut für Kriminologie der Universität Köln referierte über die Ersatzfreiheitsstrafe und die Bestrafung von Armut.
Zum Thema fanden folgende Diskussionsgruppen statt.

  1. Welche Rolle spielt die Armut unserer Klient*innen bei unserer Arbeit?
  2. Ist die Straffälligenhilfe selbst arm? Umgang mit knappen Finanzen, Ein-schnitte durch die Corona-Pandemie, Änderungen der Sozialgesetze.
  3. Befindlichkeit und Abgrenzung: Nehmen wir die Sorgen und Nöte unserer Klient*innen mit nach Hause?
  4. Welche Ideen gibt es, die Ersatzfreiheitsstrafe zu verhindern und trotzdem dem Gesetz Rechnung zu tragen?

 

Scham und Menschenwürde:

Ein Thema für die Straffälligenhilfe?!

 

Mittwoch, 22. Mai 2019

Scham ist ein grundlegendes menschliches Gefühl, das in unserem sozialen Zusammenleben eine wichtige, regulierende Funktion übernimmt. Scham überkommt uns plötzlich und unkontrolliert, ihre tiefe Verankerung in uns wird durch ihre vegetativen Begleiterscheinungen wie Erröten, Herzklopfen und dem unwillkürlichen Senken des Blickes belegt. Weil das Schamempfinden ein unangenehmes Gefühl ist, verdrängen wir die Scham. Dies kann zu Depressionen, Rückzug oder Sucht führen – oder in Zynismus, Trotz und Gewalt umschlagen. Wenn wir uns der Scham stellen und sie beachten, kann sie ihre positive Aufgabe erfüllen: Die Menschenwürde für uns selbst und für unsere Klient*innen zu achten und zu bewahren.

 

In der Straffälligenhilfe tritt Scham in vielen Kontexten und unter vielen Aspekten auf:

  • Die gesellschaftliche Ausgrenzung von straffällig gewordenen Menschen führt zu Scham aus verschiedenen Gründen bei den Tätern, Geschädigten, Angehörigen und auch den Mitarbeiter*innen in der Straffälligenhilfe.
  • Die Gewalt unter Inhaftierten ist schambesetzt.
  • Mitarbeiter*innen in der Straffälligenhilfe, aber auch in anderen sozialen Arbeitsfeldern, schämen sich für ihre Klient*innen, z.B. für deren unangepasstes Sozialverhalten.
  • Wie können Verhaltensmodifikationen erreicht und wie kann Kritik geübt werden, ohne zu beschämen?
  • Darstellungen in den Medien sind oftmals auf Beschämung angelegt. Wie können Klient*innen ihre Würde behalten?

Die Veranstaltung wurde geleitet von Dr. Stephan Marks, Sozialwissenschaftler, Supervisor und Sachbuch-Autor.

Foto: Bits and Splits/stock.adobe.com

Netzwerke in der Straffälligenhilfe - Chancen landesweiter und regionaler Vernetzung

 

Fachveranstaltung

Donnerstag, 26. April 2018, 13.30 Uhr bis 17.30 Uhr

 

Haus der Volksarbeit Eschenheimer Anlage 21, 60318 Frankfurt am Main

 

Ob zwischen Institutionen und Organisationen oder im Hinblick auf die konkrete Hilfe für die Klienten: Netzwerke sind aus der Sozialen Arbeit im Allgemeinen und aus der Straffälligenhilfe im Besonderen nicht wegzudenken. Obwohl wir uns alle ständig in Netzwerken bewegen, sind uns der Nutzen und die Funktionsweisen der stets und ständig geforderten Vernetzung häufig nicht klar. Außerdem scheint Vernetzung einfach, wenn Zielsetzungen und Arbeitsweisen der Akteure ähnlich sind. Am Beispiel der „Integrationsvereinbarung für ehemalige Strafgefangene“ ist aber gut zu beobachten, dass die Zusammenarbeit von sehr unterschiedlich konstituierten Organisationen bei allem guten Willen gar nicht so einfach ist und auch nicht immer zum Ziel führt.

Um die Chancen landesweiter und regionaler Vernetzung auszuloten, werden wir bei der diesjährigen Fachtagung des Landeszusammenschlusses für Straffälligenhilfe in Hessen das Thema näher beleuchten. Am Beginn wird Tobias Kosellek, Mitherausgeber des Bandes „ Netzwerke und Soziale Arbeit – Theorien, Methoden, Anwendungen“ eine Einleitung in die verschiedenen Aspekte der Netzwerkorientierung geben. Wie es gelingen kann, wichtige, aber fachfremde Institutionen wie Energie- und Wohnungsunternehmen für die Vernetzung mit der Straffälligenhilfe auf kommunaler Ebene zu gewinnen, werden uns Laura Thiele und Georg Pester aus Dresden berichten. Nach der Pause wird Horst Belz das „Netzwerk Straffälligenhilfe Baden-Württemberg“ vorstellen, in dem in den vergangenen 15 Jahren ein beachtenswerter Entwicklungsschub durch gemeinsame Projekte und Qualitätsentwicklung stattgefunden hat. Am Ende werden wir gemeinsam mit den Teilnehmer/innen Ergebnisse, Umsetzungsmöglichkeiten und Perspektiven erörtern, erarbeiten und festhalten.

 

     

Fachtag 2014 - Brauchen wir ein Hessisches Resozialisierungsgesetz?

Die Hessische Kriminalpolitik ist in Bewegung geraten. Im Zuge der Föderalismusreform mussten nicht nur sämtliche Vollzugsgesetze neu gedacht und erlassen werden, die konkrete Auseinandersetzung mit dieser Aufgabe auf Landesebene ließ auch die Problematik der Schnittstellen deutlicher hervortreten. Schon 2008 wurde das Übergangsmanagement im Hessischen Strafvollzug implementiert und mit den Integrationsvereinbarungen I und II wurden die bereits vorhandenen behördlichen Instrumente zur Wiedereingliederung aufeinander abgestimmt.

Der gesamtgesellschaftliche Auftrag „Resozialisierung“ endet aber nicht am Gefängnistor; der Ernstfall, ob zukünftig ein straffreies Leben gelingt, beginnt erst. Im sozialen Rechtsstaat tragen dafür beide Ressorts, Justiz und Soziales gemeinsam die Verantwortung. Das Übergangsmanagement kann nur so wirksam sein, wie die Ressourcen, die im sozialen Empfangsraum zur Existenzsicherung, für angemessenen Wohnraum, für Arbeit und Ausbildung erreichbar sind.

Darüber hinaus sind im Interesse von Kriminalprävention und Opferschutz in Hessen ambulante Sanktionsformen und soziale Projekte der Straffälligenhilfe entstanden, um die schädlichen Folgen des Freiheitsentzugs zu vermeiden und soziale Defizite zu lindern oder zu beseitigen. Ihre Anwendung ist aber weitgehend von Unwägbarkeiten bestimmt. Ob wirksame Hilfe zur Wiedereingliederung greift, hängt auch ab von den unterschiedlichen personellen, finanziellen und örtlichen Gegebenheiten in Hessen. Brauchen wir zur Verankerung des gesamtgesellschaftlichen Resozialisierungsauftrags unserer Verfassung gerade nach und außerhalb des Strafvollzugs ein Resozialisierungsgesetz in Hessen?

Fachtag 2013 - Psychisch auffällige Menschen als Klienten der Straffälligenhilfe

Nach einer Studie im Auftrag des Robert-Koch Instituts von 2012 über die Gesundheit Erwachsener in Deutschland leiden 31 % der Bevölkerung zwischen 18 und  65 Jahren an einer behandlungsbedürftigen psychischen Erkrankung. Untersuchungen von Strafgefangenen zeigen im Vergleich zur Allgemeinbevölkerung eine weit darüber hinaus gehende Häufigkeit psychischer Störungen. Diese stehen meist mit Drogenabhängigkeit und Straffälligkeit in Zusammenhang und verschlechtern unbehandelt die Legalprognose der Betroffenen. Somit ist ein deutlicher Überschneidungsbereich zwischen Maßregelvollzug und Strafvollzug fest zu stellen, nicht zuletzt haben forensische Patienten oft lange Haftkarrieren hinter sich.

Im Zentrum der sozialen Arbeit steht die Einzelfallhilfe. Voraussetzung für eine nachhaltige Beratung und Unterstützung von Menschen mit besonderen sozialen Schwierigkeiten ist eine zuverlässige und vertrauensvolle Beziehungsarbeit mit dem Klienten. Die zunehmende Herausforderung für die Straffälligenhilfe besteht darin, tragfähige Beziehungen mit Menschen zu gestalten, deren Beziehungsfähigkeit aufgrund psychischer Erkrankungen massiv gestört ist.

·    Wer definiert den Unterschied zwischen psychisch auffällig und psychisch krank ?
·    Welche diagnostischen und therapeutischen Instrumente stehen Strafvollzug und Maßregelvollzug zur Verfügung ?
·    Welche Zugänge gibt es zu psychotherapeutischer /sozialpsychiatrischer Versorgung und Nachsorge für Klienten der Straffälligenhilfe
·    Was ist zu tun? Forderungen an Kriminal- und Sozialpolitik

Der Landeszusammenschluß für Straffälligenhilfe in Hessen hat dazu am 31. Oktober 2013 einen Fachtag veranstaltet.

Fachtag 2012: Sackgasse "Ersatzfreiheitsstrafen"
Wie gerecht ist unser Sanktionssystem ? Unser Strafrecht verfügt über die Sanktionen Freiheitsstrafe und Geldstrafe. An die Stelle uneinbringlicher Geldstrafen tritt ebenfalls eine Freiheitsstrafe (§ 43 StGB). Diese "Ersatzfreiheitsstrafen" steigen in Hessen seit Jahren an, von 80.000 Hafttagen 2005 auf über 120.000 Hafttage 2011. Die Delikte bewegen sich im Bereich der Bagatellkriminalität (30 bis 40% "Schwarzfahrer"). Unsere Veranstaltung will im ersten Teil nach den Ursachen dieser Fehlentwicklung fragen und neue Vorschläge zur Vermeidung von Ersatzfreiheitsstrafen in Hessen diskutieren.

Nach der hessischen Tilgungsverordnung kann die uneinbringliche Geldstrafe auch durch gemeinnützige Arbeit getilgt werden. Durch "Schwitzen statt Sitzen" sind im vergangenen Jahr mehr als 120.000 Tagessätze abgeleistet worden. Häufig finden langzeitarbeitslose Personen mit kumulierten Problemlagen so über das Strafrecht wieder oder sogar erstmals Zugang zur Arbeit und damit zu Tagesstrukturierung, persönlicher Annerkennung und Motivation. Es geht daher nicht nur um eine Verbesserung des Zugangs zu gemeinnütziger Arbeit. Der sozialpolitische Teil der Veranstaltung soll Hinweise geben, wie "Arbeit statt Strafe" zu einem wirkungsvollen, nachhaltigen Resozialisierungsinstrument in Hessen weiterentwickelt werden kann.

 

Fachtag 2011 - Was kommt nach der Sicherungsverwahrung?

Das Bundesverfassungsgericht (BVerfG) hat in seinem  Urteil vom 4. Mai 2011 alle Vorschriften des Strafgesetzbuches und des Jugendgerichtsgesetzes über die Anordnung und Dauer der Sicherungsverwahrung für verfassungswidrig erklärt. Damit wurde eine "gesetzgeberische Flickschusterei und stetige Ausweitung der Sicherungsverwahrung" (Kreuzer) gestoppt. Mit dem Ende des "Wegsperren und zwar für immer" ist ein scheinbar rein strafrechtliches Problem wieder mitten in der Gesellschaft gelandet. Justiz- und Sozialressort, die Kommunen und nicht zuletzt die Medien tragen für das Gelingen einer künftig freiheitsorientierten und therapiegerichteten Ausgestaltung der Sicherungsverwahrung eine gemeinsame Verantwortung.

50 Jahre Landeszusammenschluß für Straffälligenhilfe in Hessen (LZ)

Am 5. September 2008 feierte der LZ im Frankfurter Römer mit über 100 Gästen sein 50-jähriges Bestehen.

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